Die Anfänge des Töginger Faschings sind wohl im späten Mittelalter, zum Ende der europäischen Pestepidemie zu suchen.
Denn aus Dank über die überstandene Seuche wurde im Jahre 1722 die Seelenpakt - Bruderschaft ins Leben gerufen.
Bei dieser Bruderschaft war und ist der Jahresbeitrag immer am ersten Montag nach Sebastian (Mitte Januar) zu entrichten.
Er betrug in früheren Zeiten einen bzw. drei KreuzerAls zweites Motiv rankt sich eine Legende um das Ende der Pestzeit.
Danach soll, zum Ende der Epidemie, ein Spielmann, ein sogenannter Pfeifer, Musik spielend durch den Ort gekommen sein. Angezogen durch die Musik wagten es die Einwohner von Töging, nach langer Zeit, wieder ihre Häuser zu verlassen.
Aus diesen geschichtlichen Ereignissen entwickelte sich über die Jahrhunderte der heutige "Pfeiferjahrtag"
Ein weiteres Motiv des Töginger Faschings sind die "Kaasdiam" (Käsediebe). Wie fast alle Orte des Altmühltals haben die Töginger einen Spottnamen bekommen z.B. Beilngries-Zwüfelatscha; Ottmaring-Moosbärn; Dietfurt-Chinesen und Töging eben Kaasdiam. Dieser Spitzname war früher, in einem unbedachten Moment ausgesprochen, durchaus ein Grund für eine Rauferei. Inzwischen haben es sowohl Dietfurt, als auch Töging verstanden, aus Ihrem Spottnamen Gewinn zu schlagen.
Und so ist, laut mündlicher Überlieferung, dieser Name entstanden:
Angeblich waren Landarbeiter auf dem Feld beschäftigt, als ein Töginger vorbeikam und in einem unbeobachteten Augenblick die Brotzeit der Feldarbeiter, nämlich Käse und Brot mit sich nahm. Als die Feldarbeiter nun Vespern wollten und feststellten, daß sie um ihre wohlverdiente Mahlzeit gekommen waren, kam der Töginger wieder des Weges. Auf den Diebstahl angesprochen verleugnete dieser alles, aber der Duft der verspeisten Mahlzeit hat Ihn dann doch verraten.
Seit dieser Zeit werden die Töginger "Kaasdiam" genannt.
Darum spricht man in Töging während der Faschingszeit auch vom "Kasa-Reich" (nicht zu verwechseln mit dem China - Dietfurter "Kaiser-Reich").
Und die findigen Töginger haben auch ihren eigenen, während der ganzen Faschingszeit zu hörenden, Schlachtruf nämlich "KASA-WAU" kreiert.
Der Pfeiferjahrtag findet immer am ersten Montag nach Sebastian (Mitte Januar) statt und stellt einen der Höhepunkte im Töginger Faschingstreiben dar.
Nach der Bruderschaftsmesse am Vormittag, die 1997 sogar vom Bischhof begleitet wurde, beginnt das Faschingstreiben auf der Straße. Nun treten auch, zum ersten Mal im Jahr, die "Schecken" in Aktion.Sie gibt es erst seit ca. 100 Jahren in Töging. Sie haben hölzerne Masken aus Lindenholz und ein Gewand aus grobem Stoff in weißer oder brauner Farbe. Sie sind mit Geißeln und Ofenruß ausgerüstet. Die Schecken sind der fränkisch, allemannischen Fastnacht entliehen. Sie heißen dort anders und sollen wohl böse Geister darstellen.
Aus diesem Grunde verfolgen die Schecken, angelockt durch Lockreime, peitschenknallend die Kinder des Dorfes, um ihre Gesichter mit Ruß zu beschmieren. Diese Faschingsgaudi findet mit dem Gebetläuten ihr jähes Ende. Denn nach dem Gebetläuten dürfen sich keine Schecken mehr auf den Straßen herumtreiben.
Nun geht das Faschingstreiben in den ortsansässigen Wirtschaften weiter und das bis in die frühen Morgenstunden.Der Pfeiferjahrtag wird in Töging so hoch geachtet, daß alle ortsansässigen Betriebe an diesem Tag nicht arbeiten. Wer als Töginger auswärts arbeitet, nimmt an diesem Tag frei. Man kann also getrost von einem "Töginger Nationalfeiertag" sprechen.
Einige Bilder aus Faschingsumzügen der 60er Jahre
Der zweite große Höhepunkt des Töginger Faschings ist, neben den Faschingsbällen der verschiedenen Vereine, der Faschingssonntag.
An diesem Tag wird bereits in aller Frühe (so ab 3:00 Uhr) durch den "Weckruf", das ganze Dorf mit Musik und Radau geweckt. Diese Weckorgie soll den Sinn haben, daß die Töginger den Faschingszug, der traditionell am Faschingssonntag um 13:61 Uhr (man kann auch 14:01 Uhr sagen) beginnt, nicht zu verschlafen.
Der Töginger Faschingszug gehört, neben dem Dietfurter Umzug am Unsinnigen Donnerstag, zu den größten in der Region. Dies verwundert um so mehr, da Töging nur ca. 1000 Einwohner hat.
Das heißt, fast alle Einwohner sind an diesem Tag vor oder hinter den Kulissen für den Fasching in Aktion.
Ich kann mich an Umzüge erinnern, an dem trotz schönsten Wetters und der vielen Gruppen fast keine Zuschauer am Straßenrand zu finden waren, weil fast alle Töginger am Umzug beteiligt waren.Zwischenzeitlich hat sich aber die Attraktivität des Zuges so stark herumgesprochen, daß auch viele von auswärts beim Töginger Faschingsumzug zuschauen und mitmachen.
Nach dem Umzug findet im Ortskern die Podiumsgaudi, mit Begrüßung durch den "Obermaschkerer" und das Prinzenpaar statt. Leider finden sich, für die ehrenvolle Aufgabe als "Prinzenpaar im Kasareich" zu regieren, in den letzten Jahren keine Bewerber. Nun werden häufig noch gespielte Sketche zum besten gegeben.Ein von allen erwartetes Highlight der Podiumsgaudi ist seit vielen Jahren die "Kasa - Band". Hierbei werden, durch eine etwas chaotische Musikband, die kleinen und großen Mißgeschicke der Töginger, sowie der lokalpolitisch Verantwortlichen, verbal und musikalisch aufs Korn genommen.
Anschließend wird in die Wirtschaften eingekehrt wo der Faschingssonntag bei Musik und Tanz bis in die frühen Morgenstunden ausklingt.
Gerade während des Faschings treten die alten, aber nicht so ganz ernst gemeinten, Animositäten zwischen den Dietfurter-Chinesen und den Töginger-Kaasdiam wieder ans Tageslicht.
Bei dem Faschingsspektakel, am "Unsinnigen Donnerstag" in Dietfurt, handelt es sich in der Zwischenzeit um ein über die Grenzen Europas hinaus bekanntes Faschingstreiben.
Die Stadt hätte gerne Töging, als die größte Ortschaft der Großgemeinde Dietfurt, für Ihr Chinaspektakel eingespannt. Doch leider fühlen sich die Einwohner Tögings, ohnehin schon stark genug in Ihrer Eigenständigkeit eingeschränkt.
So daß man sich die letzte Eigenheit, nämlich das Töginger Faschingstreiben, auf jeden Fall erhalten will. Darum reagierten einige Töginger so erbost auf ein Schild, mit der Aufschrift "Zollgrenzbezirk Chinareich", daß am Ortsrand Tögings aufgestellt war, daß sie es kurzerhand umsägten.Wenn sie also Töging während der Faschingszeit besuchen wollen, sind sie gut beraten nicht gerade als Chinese in Erscheinung zu treten. Von handgreiflichen Auseinandersetzungen aus diesem Grunde, ist in den letzten Jahren allerdings nichts mehr berichtet worden.
Trotzdem profitiert auch der Töginger Faschingszug von den Dietfurter Aktivitäten. Denn so manche Gruppe die sich in Dietfurt vorgestellt hat, nutzt die Gelegenheit um auch im Töginger Faschingszug mitzumachen.
Nicht zu vergessen sind auch die Baumaterialien (Latten und Karton) zum Bau der Töginger Prunkwägen für Faschingssonntag, die von der Stadtverwaltung kostenlos zur Verfügung gestellt werden.Ich denke das der Töginger Faschingszug, ohne die Unterstützung der Stadt Dietfurt so nicht möglich wäre. Allerdings würde dann auch das Dietfurter Faschingstreiben, ohne die vielen fleißigen Töginger Hände, doch etwas spärlicher ausfallen. Also profitieren beide Orte wenn sie sich nicht gegenseitig bekriegen. Zum Anderen sind die privaten Beziehungen zwischen Dietfurter und Töginger Bürgern in der Zwischenzeit recht gut, daß man wohl von einem friedlichen Nebeneinander, auch in der emotionsgeladenen Faschingszeit, ausgehen kann.